Samstag, 1. November 2014

Rezension zu RUNENZEIT IV – LEGION DER DONNERGÖTTER von Mark Bredemeyer

ZURÜCK IN DIE VERGANGENHEIT

Ich war wieder da! Endlich! Nachdem ich bald 3 Jahre warten musste, wurde ich (vielleicht pünktlich zur Tag- und Nachtgleiche) wieder ins Jahr 9 n. Chr. katapuliert. Dank Mark Bredemeyer und seinem 4. Teil der Runenzeit. Diesmal mit dem Untertitel „Legion der Donnergötter“. Und es donnert gewaltig.
Es war toll, endlich wieder da zu sein. Sofort habe ich alle liebgewonnenen Charaktere wieder getroffen: den Protagonisten Witandi, seine Frau Frilike und ihren gemeinsamen Sohn Ingimodi, seine Ex-Freundin Julia, Ingimer, Ingimundi, Segimer, Segestes und viele andere - sie hatten sich kaum verändert - und sofort war ich wieder mitten unter ihnen, so als hätte es die drei Jahre Wartezeit nie gegeben: die Wälder, der Duft nach Erde und Feuer, der Nebel, die Kälte bis auf die Knochen, die Menschen, die Sprache, alles war sofort wieder da, auch wenn Mark wie im ersten Teil zunächst die Jetztzeit spielen lässt. Denn aus dieser schicken die Hagedisen drei Kampfer an die Seite von Arminius, um ihn vor dem geschichtlich festgelegten Tod zu schützen. Obwohl das eigentlich nicht möglich ist.

So vorsichtig, wie sich Witandi in die Welt der Germanen eingefunden hat - so sehr, dass er sie nicht mehr verlassen möchte - so brachial und angewidert treten die drei Kämpfer an der Seite Arminius auf, bis an die Zähne bewaffnet und in mitten von Arminius Vorbereitungen auf die bevorstehende „Varusschlacht“. Leon (Witandi) steht von diesem Moment an nicht nur zwischen dem Gefühl der Pflichterfüllung seinem Vater gegenüber, ihn im Kampf gegen die von Varus angeführten Römer unterstützen zu müssen und dem Wunsch, wieder an der Seite von Frilike und Ingimodi zu sein sondern muss nun, nach dem unsensiblen Auftreten der „Hagelianer“ dafür sorgen, dass sie durch ihr Verhalten nicht noch alle Stämme gegeneinander aufbringen, statt gegen den gemeinsamen Feind zu kämpfen. Ob und wie er das schafft, und dass er dabei nicht immer die beste Figur abgibt ist wie gewohnt spannend und stilistisch sicher erzählt.

Wie in den vorigen Teilen hat mir dabei die Ich-Perspektive, also die Erzählung aus Witandis Sicht am besten gefallen. Aber nicht nur hier, insgesamt erkennt man hinter dem Text die aufwändige Recherchearbeit, Spaziergänge vor Ort und eine Menge Einfühlungsvermögen. Ich bin gestern bei Kälte und Regen durch den Taunus gefahren und musste dabei ständig an die armen Germanen und Römer denken, die sich in diesen unwirtlichen Wäldern des Jahres 9 bei miesestem Wetter gegenüber stehen mussten, und das über Wochen und Monate. Allein bei der Vorstellung bekommt man schon eine Erkältung.
Gut gefällt mir auch, dass Witandi als Mensch wie du und ich beschrieben wird, mit seinen Schwächen und Wünschen, die mir nicht immer sympathisch sind. Manchmal möchte ich ihm eine scheuern, z. B. wenn ich daran denke wie er mit Julia umgeht, oder dass ihm Armins Anerkennung bald wichtiger ist als seine Familie. Das konnte ich kaum nachvollziehen. Ich hätte an seiner Stelle den Hornochsen stehen lassen. Aber er ist halt kein Held sondern wäre nur gern einer. Und zu all dem hat er mit dem Unfug den er anstellt auch noch Glück. Komischerweise halte ich trotzdem zu ihm. Ich denke, da steckt eine Menge Mark Bredemeyer drin. Und das kann ich gut nachvollziehen. Witandis Sicht ist, so nehme ich an, aus der Vorstellung geboren, was man selbst machen würde, wenn man plötzlich und mittellos 2000 Jahre in die Vergangenheit gerät.

Während uns Mark in den ersten drei Teilen noch auf eine große Reise durch das alte Germanien und seine Stämme, Stätten und Städte mitgenommen hat, findet die Haupthandlung diesmal im Teutoburger Wald statt. Es gibt keinen klassischen Spannungsbogen, der einen  Höhepunkt am Ende des zweiten Aktes hat, um dann im dritten aufgelöst zu werden, denn es wird eben ‚nur‘ die Varus-Schlacht erzählt, dessen Ausgang bekannt ist. Das ist aber nicht schlimm, da dieser Plot einem Historienroman nahe kommt, der auch nicht zwingend spannend sein muss, sondern von der erzählerischen Dichte und Atmosphäre lebt und den Leser damit schon zur Genüge im Zaum hält. Spannend sind jedoch immer wieder Witandis kleine Exkursionen, und davon gibt es bei diesem eigensinnigen Starrkopf eine Menge.

Wenn man also in Teil IV den klassischen Spannungsbogen vermisst, dann ist es neben dem bereits genannten auch offensichtlich der Tatsache geschuldet, dass sich die Geschichte über die noch kommenden Teile V und VI zieht und somit eine sehr großzügig angelegte ist: drei Akte verteilt auf drei Teile. Der erste Höhepunkt findet nämlich erst am Ende von Teil IV statt, um dann den zweiten Akt in Teil V vorzubereiten; Stichwort Marbod. Die Idee ist einfach so großartig, dass ich Teil V kaum abwarten kann. Marbod zu einem gläubigen Christen zu machen, der Jesus begegnen will, da hat sich Bredemeyer was vorgenommen und ich bin gespannt, wie er sich aus dieser Misere zieht. 

Dieser so nebenbei eingeführte Handlungsstrang um Marbod wird sich noch, so sind meine Erwartungen, zu einem großartigen Plot ausspinnen, der Witandi in den nächsten Bänden beschäftigen wird. Den Showdown in Teil VI will ich mir gar nicht erst vorstellen. Da kann ich nur sagen: WARTET AUF MICH IN RUNENZEIT V!!!


RUNENZEIT IV - Legion der Donnergötter
Editia verlag (31. Oktober 2014)
der Editia Verlag ist ein Imprint des Dresdner Buchverlages
ISBN-13: 978-3943450286

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