Samstag, 24. März 2012

Gotteswahn des Tages #7

und weil sie so schön sind, gibt es heute gleich zwei davon in meiner Sammlung

1. Tennesee  will Kreationismusverbot lockern
    Lehrer sollen ihren Schülern "Stärken und Schwächen" der Evolutionslehre vermitteln dürfen, sagt ein neues   Gesetz im US-Bundesstaat Tennessee. Naturwissenschaftler sind entsetzt. Sie fürchten, dass bibeltreue Christen ihre kreationistische Weltsicht in Schulen verbreiten könnten.
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Und was ist mit der wahren Geschichte über die Entstehung der Welt? Das war doch die liebe Putzfee!


Ach nein, hier ist der wissenschaftliche Beweis dafür, dass der Prophet Mohammad recht hatte...


2. Der Urintest:



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Freitag, 23. März 2012

Tir na n'Óg von Sean O'Connell


Tausend Jahre nachdem das große Tier geweckt wurde und der Mensch sich darin versucht hat, seine eigene Sterblichkeit zu überwinden und damit die bekannte Welt in eine Katastrophe geführt hat, werden ein Meister der Archivarbruderschaft und sein Schüler losgeschickt, um herauszufinden, was damals tatsächlich geschehen war.

Bei einer Bruderschaft muss man davon ausgehen, dass es sich um Mönche handelt und schon bald erfährt man auch, dass es einen Streit zwischen den Gelehrten gibt, ob das Auslösen der Katastrophe menschlicher oder göttlicher Natur war. Da die Archivare, allen voran Professor Aulus,  Verfechter der göttlichen Version sind, muss es sich bei ihnen also um eine Glaubensbruderschaft handeln. Dass gerade sie die Wahrheit herausfinden wollen und nach Beweisen für ihre Threorie suchen, halte ich für sehr mutig, denn schließlich basiert Glauben ja auf Unwissen. Die Kirchen würden sich das nicht trauen. Zu sehr stünde dadurch ihr gesamtes System auf dem Spiel.
Selbstverständlich sieht sich Meister Aki, eine Mischung aus Indiana Jones Vater und William von Baskerville aus der Name der Rose auf der Seite der Vernunft. Ein Skeptiker in den eigenen Reihen und somit wichtig für den aufgeklärten Leser. Wer will schon von sich behaupten, hinter dem Mond zu leben. Auch wenn man die Mystik einer Bruderschaft toll findet. Vor allem im Vergleich zu nüchternen Wissenschaftler, bei dem keine Wunder geschehen dürfen.
Professor Aulus erklärt den Schülern dann auch nochmal die Bedeutung des Schisma-Konflikts, so als hätten sie noch nichts davon gehört, aber dafür weiß jetzt jeder Bescheid.

Ihr Weg führt den Meister Aki und seinen Schüler Cornelis zunächst zur Station Sonnenallee, wo sich ihnen unfreiwillig das Mädchen Raggah anschließt. Gesteuert von einem Steppogo (cool), eine Art Voodoo-Puppe mit Innenleben, die ihren Wirt zu einem willenlosen Vollstrecker macht, hängt sie sich zunächst an die beiden ran um sie auszuspionieren. Cornelis aber, der noch nicht genau weiß, wie er zu der Kämpferin stehen soll, befreit sie aus den Fängen ihres Auftraggebers, einem Annunaki-Ersten und zu dritt finden sie Zuflucht im Haus eines Freundes des Ordens, Quentin Yaacov, mit dem Meister Aki verabredet war. Dort erfährt man, dass Cornelis schon lange heimlich auf seine Rolle als Auserwählter vorbereitet wurde. Seine Aufgabe ist es, das Tor nach Tir  na n'Óg zu öffnen, hinter der sich eine der Älteren verschanzt, die die Apokalypse vor tausend Jahren mitverantwortet hat. Aki weiss, dass die Ältere, Bernadette, nach der Katastrophe einen genetischen Schild erschaffen hat, dessen Code erst jetzt, nach einer 500-jährigen Testreihe in der Gestalt von Cornelis Fingerprint geknackt wurde. Vor zwei Jahren wurde Aki von einem höheren Ordensbruder beauftragt, dieses Geheimnis zu erforschen und aufzulösen. Seither bangte er darum, dass Cornelis zu seiner Aufgabe auch bereit ist.
Ihr Hauptziel im ersten Buch ist das Labyrnthos Dang Lang, eine aus Ruinen in die Höhe gebaute Megacity, in der sich die Reste der Zivilsation gesammelt haben und wo, wie in den Favelas, kriminelle Kleinstaaten um die Vorherrschaft der verschachtelten und verwinkelten Ebenen kämpfen. Auf dem Weg dorthin und in der Stadt selbst begegnen sie zwei Älteren, die ihnen beistehen und ihre Fragen beantworten. So dringt man zunehmend in die Verflechtungen um das Geheimniss von Tir na n'Óg und die Katastrophe ein. Es scheint, dass über allem ein seit tausend Jahren fortwährender Kampf zwischen den Älteren stattfindet, der kurz vor seinem Höhepunkt steht. Zudem droht der Umwelt aufgrund des Schildes eine Entropie, die es aufzuhalten gilt.
Je mehr Antworten man erhält, um so mehr fragt man sich, wer nun eigentlich was weiß und wer wen mit was beauftragt hat. Zum Glück, sonst könnte man das Buch auch zur Seite legen.

Und man fragt sich und erfährt, was für eine Welt seither entstanden ist. Es ist eine gänzlich neue, die vor den Augen des Lesers entfaltet wird. Sie erstreckt sich über einen Kontinent mit Ländereien und Herrschaftsgebieten im Norden und im Süden, der Insel Tir na n'Óg und einer faszinierenden parallelen Unterwelt, in der aufgrüstet wird wie in Mordor. Man fühlt sich an Schauplätze erinnert wie in Star Wars und Herr der Ringe. Es gibt Eiswüsten, Sumpflandschaften und Wüstenstädte. Es wird mit Schwertern gekämpft ebenso wie mit der Neuerfindung einer Schallwaffe. Man zieht beritten in die Schlacht und reist mit steampunk-dampfenden Raupenbussen im Mad Max-Tempo durch die Landschaft.
Ein wilder Mix. Alles ist vertraut, erscheint nebeneinander fast unmöglich und funktioniert in seinem neuen Gewand doch erzählerisch erstaunlich gut. Nicht nur die Archivare wolllen da wissen, was in den letzten tausend Jahren geschehen ist.
Fasziniert war ich auch von den Kreaturen, die Sean O'Connell geschaffen hat und die er sehr anschaulich, spannend und gruselig beschreibt. Allen voran der Metamorph, der zu einem bedrohlichen Gegner für Aki wird. Super originell auch die Spinnenköpfler oder die Mu. Deren Beschreibungen haben mich allesamt in ihren Bann gezogen. Chapeau! Eindeutig Güteklasse 1 für Kreativität.
Im Eifer dieser fantastischen Bilderflut sind dem Autor jedoch zunächst ein paar Ungereimtheiten unterlaufen, die aber durch einen geschickten dramaturgischen Schachzug nach etwss mehr als der Hälfte wett gemacht werrden, indem der Leser mehr erfahren darf als die Helden des Buchs. Von nun an bangt man mit den unbedarften Protagonisten und das macht es erst richtig spannend.
Die kleinen Ungereimheiten liegen meiner Ansicht nach in der Schwierigkeit, die der Mensch damit hat, sich eine Zeitspanne von tausend Jahren wirklich vorstellen zu können. Auf der einen Seite jongliert er mit Jahreszahlen, die das Entstehen und Vergehen ganzer Universen umfassen können, auf der anderen Seite ist er nicht mal in der Lage, sich seine eigene Lebenspanne vorzustellen. Und nur selten ist er bereit, ein Projekt zu beginnen, das seine eigene Lebensdauer übertrifft.
Um auf der einen Seite die Arten entstehen zu lassen, die es in Tir na n'Óg gibt, bräuchte es weit mehr als tausend Jahre Evolution. Der Ältere Albert Harris öffnet hingegen eine 40 Jahre alte Flasche Whiskey und Michael Altfeld aus Dang Lang betreibt sein Restaurant gerade mal seit 50 Jahren. Hier hat man das Gefühl man befindet sich im Jahr 2030 statt tausend Jahre später. Die gefühlte Vergangenheit umfasst eben nicht viel mehr als das eigene bisherige Leben. Solche Gedankenfehler sind nur allzu menschlich. Aber vielleicht sind es gar keine Fehler und alles löst sich in den Fortsetzungen auf. Das wäre natürlich der Oberknaller.

Die Älteren sind die Überlebenden der Katastrophe und vermutlich die Verursacher, weil sie am Nektar des ewigen Jungbrunnens nippen wollten. Und damit sind wir beim eigentlichen Thema der Geschichte: die Unsterblichkeit.
Ein brillanter Physiker hat die Formel dafür entdeckt, wie sich die körpereigenen Algorithmen, die die Welt zusammenhalten auf ewig selbst reparieren können.
Ein Naturwissenschaftler fragt man sich zu Recht. Das ist doch eher was für die Religionen. Aber nein. Auch der Naturwissenschaftler träumt von der Unsterblichkeit. Jedoch nennt er es nicht Jenseits sondern Transhumanismus.
Aber will man wirklich für alle Zeit beispielsweise mit seinem gescannten Bewusstsein auf einer Membran irgendwo am Rande eines auf die Singularität zusteuerndes Paralleluniversum kleben? Oder liegt es daran, dass der Mensch einfach nicht in der Lage ist sich vorzustellen, nicht mehr zu sein. Aber wie soll er auch? Schließlich ISTer ja in dem Moment, da er sich vorstellt NICHT ZU SEIN. So stellt er sich das Nichtsein im Sein vor und das fühlt sich eben sehr lebendig an. Rein kognitiv muss man demnach unsterblich sein. Aber höchstens fünfzig Jahre.
Stellen wir uns aber auch mal vor, es gäbe an sich keine Vergänglichkeit und keine Verletzbarkeit. Würden dann neben uns auch die ersten Menschen noch leben? Wären sie dann auf dem gleichen Stand wie wir? Und auf welchem Stand der Evolution wären wir dann eigentlich selbst? Ab welchem Alter beginnt die Unsterblichkeit? Mit zwei, zehn, zwanzig oder vierunddreißig? Und altert man danach nicht mehr oder nur noch seehr langsam?
Diese Gedanken sind genauso absurd und spannend wie Zeitreisen. Ich sage ja immer, wenn es in der Zukunft Zeitreisen gäbe, wüssten wir schon längst davon. Der Umkehrschluss ist demnach, dass Zeitreisen niemals möglich sein werden. Und genauso wenig das ewige Leben. Und das ist sehr gut so. Nur unsere kognitive Unfhähigkeit bringt uns dazu, eine Menge Zeit und Geld für solche Ideen zu verschwenden. Oder eben gute Bücher über dieses Thema zu schreiben. Also gut: Hunde! wir wollen ewig leben!


A propos Hunde...

Doch vorab noch eine Sache zum Stil, der mir insgesamt gut gefallen hat und bis auf sehr wenige, etwas flachere Stellen sehr professionell ist. Ein No-Go hat sich da eingeschlichen, das jedem Lektorat hätte auffallen müssen. Um eine zeitliche Abfolge darzustellen, sollte man möglichst auf das Wörtchen "dann" verzichten. Im Text tummeln sich auf jeder Doppelseite gefühlte drei davon. Da sollte es elegantere Lösungen geben.

Und jetzt a propos Hunde...
Eine Sache liegt mir noch am Herzen und das richtet sich generell an die Autorenzunft. 
Auch in Zeiten von Facebook, in der das geschriebene Wort weitaus inflationärer eingesetzt wird als in den Jahren nach Gutenberg, kann es beim Leser noch immer sehr gewichtig sein. Vor allem bei einem guten Autor und einem guten Buch wie in diesem Fall. Umso wichtiger ist es dann, die einzigartige Möglichkeit zu nutzen, im  Bewusstsein des Lesers ein Umdenken anzuregen. Lösungen anzubieten, an die er zuvor nicht gedacht hat. Und nimmt der Lesr den Autor ernst und hat er es erstmal schwarz auf weiß, dann wird das geschreibene Wort ganz von allein wirken. Wie zum Beispiel beim Umgang des Menschen mit den Tieren. In Tir na n'Óg werden Tiere so behandelt, wie man es gewohnt ist, wie Tiere eben. Das alleine klingt ja schon abwertend.
Als Meister Aki mit seinem Schüler und dem Mädchen Raggah das Labyrinthos Dang Lang betreten, werden sie von einer Gruppe Reiter aufgehalten, die diese Ebene des Labyrinthes beherrschen und Schutzgeld abpressen wollen. Als Lösung fällt Aki ein, blitzgeschwind zu einem Gewehr zu greifen und die Reittiere der Schutzgelderpresser eines nach dem anderen abzuknallen. Warum? Was soll das für eine Funktion haben? Warum knallt er nicht die Typen ab, wenn er ein Problem mit ihnen hat. Was können die Tiere dafür, dass auf ihnen solche Arschlöscher sitzen. Wäre es nicht überraschend gut gewesen, wenn er die Ausbeuter umgesäbelt und die Tiere aus ihrer Gefangenschaft befreit hätte? Hier kann man doch ein eindeutiges Zeichen setzen und Wunder bewirken statt ins ewig gestrige Horn zu blasen.
In einer weiteren Szene begegnen unsere Helden herrenlosen Straßenhunden. Und wie in der Ukraine greift Raggah zu einem Stein und prügelt sie nieder. Warum? Gerade jetzt, wo vor der EM 2012 für ein schöneres Straßenbild die ukrainische Bevölkerung von offizieller Seite mit der irrigen Vorstellung heiß gemacht wird, die Straßenhunde seien gefährliche Bestien und sie damit dazu treibt, die hungernden, verängstigten Geschöpfe auf offener Straße niederzuknüppeln und noch halb lebendig in fahrenden Krematorien zu verbrennen, sollte man doch ein deutliches Signal aussenden und besser eine Szene beschreiben, wie wenigstens Cornelis, Raggah und Aki sich in ihrer Szene um die herrenlosen Tiere kümmern, sie zu einem Tierarzt bringen und sie versorgen lassen, wenn es in diesem Moloch schon sonst keiner tut. Das wäre doch mal was gewesen. Die Leser hätten gestaunt und die drei Gefährten wären ungleich sympathischer.

Trotz dieses für mich kleinen, bitteren Beigeschmacks freue ich mich auf die Fortsetzung und auf die Auflösung des Geheimnisses von Tir na n’Óg. 

Tir na n'Óg, Teil 1, Der Auserwählte
Autor: Sean O' Connell
Acabus-Verlag, 2011
232 Seiten, Paperback

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Montag, 12. März 2012

Pledge an Atheist Atheist-Shoes-Maker

Das finde ich doch mal ein schöne und förderungswürdige Idee: 

Ich hoffe, es wird auch bald eine vegane Version davon geben.


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Freitag, 9. März 2012

Gotteswahn des Tages #6

In den Niederlanden sorgt eine Statue für Aufsehen: Unter einer Handy-Nummer kann man einen Engel anrufen, der die Kathedrale von 's-Hertogenbosch ziert, Antwort garantiert. Nun fragen Männer nach den Lottozahlen und Kinder nach ihrer Oma. Telefongespräch mit einem Engel.

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 Eigentlich wäre das ja mal was zum Schmunzeln, ginge man davon aus, dass es sich hierbei um eine Meldung aus dem Bereich der Legenden und Mythen handelte. Das Traurige dabei ist aber, dass noch immer sehr viele Menschen glauben, es gäbe tatsächlich Engel und man könne über sie mit dem Himmel sprechen. Ein Himmelskörper, dessen Gehirn sich aus Luft- und Wasserteilchen zusammensetzt, innerhalb dessen sich hin und wieder Geistesblitze entladen, die sich dann wie irgendeine Universalsprache anhören? So ähnlich muss man sich das wohl vorstellen. Anders gäbe es solche Meldungen nicht. 

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Montag, 5. März 2012

Keine Macht den Doofen - Die Streitlesung im Zakk

Zu dieser Veranstaltung habe ich das Plakat gestaltet und natürlich werde ich auch daran teilnehmen:


Mit einem Klick auf das Bild kann man sich das Plakat runterladen und verteilen.



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Sonntag, 4. März 2012

Philip Pullman - Der gute Herr Jesus und der Schurke Christus

Philip Pullman - Der gute Herr Jesus und der Schurke Christus
erschienen 2011 im S. Fischer-Verlag 

Auf der Rückseite heißt es in großen Lettern: DIES IST KEINE FROHE BOTSCHAFT.
Nachdem ich Pullmans "His Dark Materials"-Trilogie um den Goldenen Kompass, das magische Messer und das Bernstein-Teleskop gelesen hatte, war mir klar, was diese Worte bedeuten sollten: Als Gnostiker rechnet Pulmann mit der christlichen Kirche ab, die Jesus als Gottes Sohn für ihre Zwecke missbraucht hatte.
Für einen gläubigen Gnostiker steht Jesus für das Licht. Er ist eine niedergekommene Lichtgestalt, die verkündet, dass jeder die Erkenntnis (Erleuchtung) in sich trägt und somit ein Kind des höchsten Gottes (Ursprungs) ist. Ein Gott, der im übrigen nicht der Jahwe des alten Testamentes ist. Denn der, so heißt es aus gnostischer Sicht im Allgemeinen, ist der Demiurg, der die Materie (His Dark Materials) in die Welt gebracht hat und damit das Licht des Geistes in einer Hülle gefangen hält. Höchstes Ziel eines guten Gnostikern ist es also, sich dieser Hülle zu entledigen und den Geist zum Licht (Ursprung) zurückzuführen. Jesus ist nach dieser Überzeugung also der Lichtbringer (Luzifer), derjenige, der die Lichtteilchen, die in jedem ruhen aktiviert. Im Goldenen Kompass entspricht diesen Lichtteilchen der Staub. Dem Erleuchteten war es, nachdem er erfüllt war von diesen Lichtteilchen verboten, sich mit jemandem zu verbinden, dessen Blut vom materiellen Glauben verunreinigt war, das die Agenten (Matrix) des Demiurgen in die Welt gebracht hatten. Beiß' also besser ein Stück vom Apple ab und think different!
Ein Affront für die Kirchen also, für die Jesus der einzige Sohn Gottes ist und der Mensch ihm demütig und ohne Verstand zu dienen hat.
Nach der Aufklärung fanden diese gnostischen Ideen des erleucheten Blutes wieder Gefallen in den frühen Kreisen um Rudolf Steiner, den Theosophen, den Ariosophen, schließlich den Kosmikern um Alfred Schuler und Stefan George (hierzu gibt es ein faszinierendes zeitgenössisches Dokument von Franziska Gräfin zu Reventlow "Herrn Dames Aufzeichnungen" Super Tipp!) aus den 1910ern im Münchner Schwabing und gipfelte in den Rassentheorien des Nationalsozialismus.

Aus christlicher Sicht eine völlig verdrehte Welt. Aus Sicht gläubiger Gnostiker die einzige Wahrheit.
Ist "Der gute Herr Jesus und der Schurke Christus" also eine Streitschrift eines überzeugten Gnostikers? Eine längst fällige Abrechnung mit der christlichen Kirche? Die Aufdeckung eines der größten Komplotte, die die Welt je gesehen hat? Ein Aufruf an die Gläubigen der Welt zur Umkehr, zur einzigen Wahrheit, bevor das jüngste Gericht naht?
Je weiter ich in diesem Buch vorangeschritten war und nach eindeutigen Zeichen für meine Theorie geforscht hatte und nur verwirrter wurde, weil nichts passte, um so deutlicher wurde mir, dass es Pulmann um etwas anderes ging.
Pulman ist kein Gnostiker sondern ein Historiker. Ein sehr nüchterner Historiker. So nüchtern, dass einem die Seligsprechungen Jesu bei seiner berühmten Bergpredigt unkommentiert im Hals stecken bleiben und man erst am Ende begreift, was Pulmann einem damit sagen will. Jesus war einfach nur ein Mensch. Und das ist für mich, als überzeugter Ungläubiger EINE GUTE BOTSCHAFT!

Auf 230 nicht eng beschriebenen Seiten teilt Pulman die Geschichte von Jesus und Christus in 48 kleine Häppchen mit Überschriften auf, die uns aus dem Neuen Testament größtenteils vertraut sind, wenn man es nicht kennt: Maria und Joseph, Die Empfängnis  Jesu, Die Taufe Jesu, Die Versuchung Jesu in der Wüste, Jesus und der Wein, Jesus predigt auf dem Berg, Der Tod des Johannes, Jesus und die Geldwechsler, Jesus im Garten Gethsemane, Jesus und Pilatus, Maria aus Magdala am Grab und so weiter und so fort. Die Geschichten und Bilder eben, die man von Jesus-Verfilmungen aus der Kindheit kennt.
Gleich zu Beginn wird man damit konfrontiert, dass Jesus weitere Geschwister hat; darunter sein Zwillingsbruder Christus, dem in der "Heiligen Nacht" von drei Astrologen eine große Zukunft beschieden wird. Jesus ist ein kleiner Rabauke, der viel draußen ist, mit seinen Geschwistern und den Kindern auf der Straße spielt, dabei einigen Unsinn macht und stets zu spät nach Hause kommt, während Christus, ein eher ruhiger Junge, meist zu Hause bei Vater und Mutter bleibt, schon früh tief beseelt ist vom Glauben, viel betet und sehr empfänglich ist für das Übersinnliche und für eine mögliche Rolle als Gottessohn. Bis zu Jesus Taufe im Jordan blieb für mich unklar, wer von den beiden nun der Gottessohn sein sollte. Dann aber wird beschrieben, wie gerade der Tunichtgut Jesus von Heiligen Geist in Gestalt einer Taube zum geliebten Sohn auserwählt wird und fortan spielt Christus nurmehr die Rolle eines Beobachters, der aber immer wieder versucht, Jesus auf den rechten Pfad zu bringen und ihm vorzuschreiben, wie er sich künftig als Gottessohn zu verhalten habe, damit auch möglichst viele an ihn glauben und eine große Gemeinde entsteht. Jesus aber will sich nichts sagen lassen. Er hat seine eigene Interpretation von der Welt und die will er nicht zu Gunsten einer großen Anhängerschaft aufgeben. Jesus bleibt störrisch und unangenehm und das gefährdet den Aufbau einer Gemeinde und fördert stattdessen seine mögliche Gefangenschaft als Aufwiegler. Seine Predigten sind widersprüchlich und passen so gar nicht in unsere Vorstellung von Demokratie und Menschenrechten. Er predigt, man solle für seine Überzeugung seine Familie verleugnen und auch ruhig mal das Schwert sprechen lassen. Je nach Situation sind Geld und Besitz wichtig oder nicht und Tiere sind grundsätzlich weniger wert als Menschen. Auch die Rolle der Frau bleibt unklar und will sich nicht so ganz in unser "christliches" Werteverständnis fügen. Da fragt man sich doch: Häh?! Wieso ist Jesus jetzt der Gute? Wohin soll das Ganze führen?

Doch da tritt ein Fremder in Christus Leben und gibt ihm Ratschläge, wie sich Jesus doch noch erfolgversprechend vermarkten lässt. Christus glaubt in dem Fremden einen Engel, einen direkten Botschafter Gottes zu erkennen, doch Pulman lässt die Rolle dieser Figur bis zum Schluß offen und bis zum Schluß kann es sich auch einfach nur um einen geschickten Unternehmer handeln, der  unerkannt bleiben will und Christus als Zeugen und Vertrauten braucht, um eine machtvolle und profitable Firma namens Kirche aufzubauen. Christus bleibt also immer mehr im Hintergrund, notiert Jesus Botschaften und deutet sie für die Nachwelt positiv um. Allerdings scheitert er als überzeugter Anhänger von Jesus Wundern und als frommer Gottesgläubiger bei dem Versuch, eine an Krebs leidende Hure, der er beischläft, selbst von ihrem Leid auf wundersame Weise zu heilen. Zudem erfährt er von Aussetzigen, wie Jesus Wunder tatsächlich funktionieren und in Wirklichkeit gar nicht so große Wunder sind und wie häßlich und unbelehrbar der Mensch sein kann. Und während Jesus ein ernsthaftes Zwiegespräch mit einem zweifelhaften Gebilde namens Gott führt (für mich mit die beste Passage) lässt sich der gescheiterte Christus von dem Fremden dazu überreden, wie Abraham ein Opfer zu bringen, und sein eigen Fleisch und Blut auszuliefern, um das Unternehmen Kirche voranzubringen und doch noch die Welt zu retten.

Und nun wird klar, was Pulman mit diesem Buch sagen will. Es gab einen von vielen Wanderpredigern, der in einem besetzten Land die unterschiedlichsten Ideen entwickelte, wie man sein Volk in eine bessere Situation führen könnte. Überzeugt von den seinerzeit kursierenden Weltanschauungen konstruiert sich dieser Wanderprediger eine mögliche Antwort auf die gegebenen Situationen. Weil er einfach nur ein Mensch ist, der sich Gedanken über die Welt macht, sind diese Konstruktionen natürlich fehleranfällig, angreif- und revidierbar. Sie sind gekennzeichnet von liebevollen Begegnungen genauso wie von Wut und Verzweiflung. All das was das Menschsein nunmal ausmacht. Um aus dieser Person nun einen Gottessohn zu machen, bedarf es des Zufalls in Gestalt eines Beobachter und "vielleicht" eines windigen Geschäftmachers, die aus den (Wider-)Sprüchen etwas stimmiges, schlüssiges und heiliges machen. Nur so lässt sich der Wanderprediger an die Bevölkerung und vor allem an die zukünftigen Machthaber verkaufen. Und so ist es ja bekanntlich auch geschehen. Das ist das einzige, was an dieser Geschichte wahr ist.

Eine wie gesagt wahrhaft FROHE BOTSCHAFT!

Donnerstag, 1. März 2012

Gotteswahn des Tages #5

Mormonen entscheiden, wer erlöst werden darf:

Totentaufe bringt Mormonen in Bedrängnis

"Sie meinen es doch nur gut. Die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, kurz Mormonen genannt, wollen möglichst vielen Menschen die Chance auf Erlösung verschaffen. Und weil die nur Getaufte bekommen, gibt es bei den Mormonen rituelle Stellvertreter-Taufen für Verstorbene.
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Problematisch an der Praxis ist, dass manche der 13 Millionen Mormonen bei den Stellvertreter-Taufen auch nicht vor Personen jenseits der Vorfahren Halt machen. Das empfinden viele Gläubige anderer Religionen als Übergriff und Vereinnahmung. die Praxis sorgt angesichts nun bekannt gewordener Fälle vor allem in den USA für Empörung."

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Eine kurze Erklärung zur Rubrik "Gotteswahn des Tages"

Die Absurditäten und Widersprüchlichkeiten erfundener Heilsfantasieen der  hier geposteten Artikel sprechen eigentlich für sich und bedürfen keiner weiteren Kommentare.
Wer denkt, wieso? ist doch voll normal ist selbst betroffen.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich hierbei keine der Heilsfantasien zu kurz kommen lassen möchte. Sollte es zu größeren Artikelanhäufungen bestimmter Gruppierungen innerhalb der abergläubigen Gesellschaften kommen, so ist das den Veröffentlichungen der Tagespresse geschuldet, derer ich mich zur Aufklärung bediene.

Der Gotteswahn des Tages #4

Diesmal geht's um die Wurst!
oder: welche Farce soll nun in den Darm?

Hasper Moschee-Verein macht beim interkulturellen Familienfest nicht mit

Absurd was?

Aber!
Wie wir alle wissen, ist die putzige Putzfee, die vor 6002 Jahren die asiatischen, afrikanischen, europäischen, australischen und amerikanischen Götter erfand, sie sitzt zur Linken des Drachen Flupp an einem Milchsee irgendwo in der Milchstraße irgendeiner Galaxie, überzeugte Vegetarierin.
Wer nimmt eigentlich darauf Rücksicht?!

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